Luftbaron Gordon von der heißen Flamme, Herr der fauchenden Brenner

…in der Abendsonne über den Maaren der Eifel.

Kann einem zu Hause beim Wechseln einer Glühbirne schwindelig werden, in 1.050 Metern Höhe aber nicht? Angetrieben von Neugierde, Abenteuerlust und Wind versuche ich, dieses Phänomen für eifelstark zu ergründen – im Heißluftballon über der Vulkaneifel.

Für andere ist Ballonfahren ein großer Traum. Für mich war es eigentlich nie ein Thema. Dass es dazu wurde, verdanke ich einem Freund und ehemaligen Kollegen. Der eingefleischte Eifelaner meinte, ich solle die Eifel mal mit anderen Augen sehen und überreichte mir zu meinem 40. Geburtstag, im Namen der alten Kollegen, einen Gutschein. Das „Geschenk des Himmels“, wie sie es genannt hatten, deponierte ich in meiner Schreibtischschublade. Aus den Augen aus dem Sinn … Bis ich einige Monate später eine Glühbirne wechseln muss. Ich steige die Trittleiter hoch und oben, einen Meter über dem Boden bekomme ich weiche Knie: Höhenangst! Plötzlich denke ich wieder an den Gutschein. Kann ich ihn überhaupt einlösen oder habe ich beim Ballonfahren auch so ein mulmiges Gefühl? Meine Neugierde ist geweckt und ich begebe mich direkt auf die Suche – nach dem Gutschein und einer Antwort.

Ende März ist es dann soweit: Frische Luft durchströmt meine Lungen, die Sonne strahlt und die grünen Tannen am Hang umarmen den Startplatz, eine Wiese südlich von Schalkenmehren, mitten in der Vulkaneifel. Um kurz vor 18 Uhr sind fünf Mitfahrer, der Pilot, ein Team-Mitglied von Eifel-Ballooning und ich bereit zum Loslegen. Gemeinsam ziehen wir den Korb vom Anhänger des Transporters. Der Brenner wird befestigt und festgezurrt

„Das mache ich immer persönlich“, stellt Joachim Jung der Gründer und Pilot von Eifel-Ballooning fest und strahlt dabei fachmännische Ruhe aus.

Beim Aufstellen helfen dann alle mit. Je nachdem in welche Richtung es geht, ziehen Horst oder ich den silbernen Riesen auf unsere Seite.
In die Hülle passen 5.500 Kubikmeter Luft, das entspricht 5,5 Millionen Literflaschen. Immer, wenn ich an der Reihe bin, stemme ich mich gegen diese ungeheure Kraft. So langsam werden meine Arme lahm. Ich werde vom Ballon teilweise einfach rübergezogen. Wenn ich nicht mehr kann, soll ich rufen, hat Horst gesagt. Irgendwann bin ich soweit und schreie fast: „Ich glaub, ich kann nicht mehr!“ Aber da ist es auch schon fast vollbracht, der Ballon hat sich aufgerichtet. Der Pilot und die Mitfahrer steigen ein. Zu guter Letzt schwinge ich mich selbst über den Korbrand ins Innere.

Der Schweiß steht auf meiner Stirn, die Arme schmerzen und ich habe zittrige Knie als der Heißluftballon
aufsteigt. Es ruckelt ein wenig. „Aber das ist gleich vorbei“, erklärt unser Pilot Joachim Jung. Ich denke an die Leiter und meine Höhenangst und hoffe er hat Recht. So ganz geheuer ist mir das Ganze noch nicht. Der Korbrand könnte für mich ruhig ein wenig höher sein, schließlich bin ich über 1,90 groß. Ich halte mich also an den Griffen fest, während meine Mitfahrer größtenteils entspannt dreinblicken.

Nach kurzer Zeit beruhigt sich die Fahrt. Wir bewegen uns mit der gleichen Geschwindigkeit wie der Wind, deswegen ist es gefühlt windstill. Unser Pilot meint, wir machen gerade 12 Knoten, also ca. 22 Stundenkilometer. Mit dem Brenner über uns ist es angenehm warm und das sanfte Schwebegefühl beruhigt. Ich merke, dass mein mulmiges Gefühl von den Eindrücken der Fahrt verdrängt wird: Wir schweben über die Vulkaneifel, lassen das Schalkenmehrener Maar schnell hinter uns, vorbei am Weinfelder Maar bis westlich von uns das Gemündener Maar auftaucht. Der Höhenmesser zeigt mittlerweile 680 Meter an. Wir steigen weiter.

Mit der Höhe ändert sich auch die Perspektive. Von oben blicken wir auf die Spielzeugautos, sehen Daun und fahren weiter in nordwestliche Richtung. Die Landschaft verzaubert mit Mustern aus Bäumen, Feldern, Flüssen und Kratern. Das satte Grün der Wälder und Weiden wirkt harmonisch und beruhigend. Hier und da fügen sich Windräder in das große Ganze ein. Und ich überlege … die bringen meine Glühlampe daheim zum Brennen, ganz ohne Umweltverschmutzung? Die Natur arbeitet also für die Natur und für uns. „Danke!“, murmle ich kaum hörbar und führe den Gedanken fort: Höchste Zeit, dass wir etwas zurückgeben. Wir Menschen sollten auch einen Beitrag leisten. Jeder im Kleinen und alle gemeinsam – denn dann können wir Großes bewegen. Wir sollten also die Birnen nicht zu lange brennen lassen, öfter mal abschalten und, na klar, die Natur genießen!

Im nächsten Moment werde ich allerdings aus meinen Gedanken gerissen als wir uns dem 691 Meter hohen Scharteberg nähern. Auf dieser Erhöhung befindet sich der Sender Eifel, der höchstgelegene Sendemast der Eifel mit ca. 300 Metern Höhe. Wir steigen weiter, um den Berg mitsamt Mast nahe Kirchweiler zu überwinden und unser Höhenflug bringt uns auf 1.050 Meter über dem Meeresspiegel. „Bis zu 2200 Meter geht es schon mal hoch“, hatte uns Horst vor der Fahrt erzählt. Ich denke an meine heimische Trittleiter und muss lächeln. Mittlerweile sind längst alle Bedenken zerstreut.

Obwohl es bekanntlich Ballonfahren heißt, vergeht die Zeit wie im Fluge. Fast zu schnell nähern wir uns langsam dem Ende der Fahrt und unserem Zielort Hillesheim. Auf einem Feld vor der Ortschaft macht ein Bauer ein großes Feuer. Wir treiben darüber hinweg, sinken dabei. Von unten rufen und winken Kinder. Wir winken zurück, überqueren entspannt das Krimi-Hotel und erblicken hinter Hillesheim ein kleines Wäldchen – dahinter eine Weide.

Im Gegenlicht zeichnen sich vor der untergehenden Sonne auf der Nachbarweide zwei Pferde ab. „Die mögen uns Ballonfahrer gar nicht gerne“, erklärt Joachim Jung und wird vom Wiehern der Gäule bestätigt. Doch wir sind mindestens 100 Meter von ihnen entfernt, so dass wir und die Zossen uns gegenseitig nicht ins Gehege kommen. Unser Verfolger Horst ist bereits angekommen. Wir sehen den Transporter, während wir langsam weiter sinken und fast den Boden erreicht haben. Jetzt heißt es festhalten. Im nächsten Moment berühren wir den Boden. Es gibt einen leichten Stoß und wir befinden uns wieder auf festem Grund.

Dann ist die Luft raus – wir haben sie gemeinsam aus dem Ballon gelassen und seine Hülle verstaut.

Alle Erstfahrer werden jetzt allerdings noch von der Eifel-Ballooning Crew getauft. Wie seinerzeit die Brüder Montgolfier werden wir kurzerhand in den Adelsstand erhoben. Als frischgebackener „Luftbaron Gordon von der heißen Flamme, Herr der fauchenden Brenner in der Abendsonne über den Maaren der Eifel“, stoße ich darauf mit meinen Mitfahrern an.

Es ist ganz dunkel geworden. Mir fällt ein, warum ich mich überhaupt dazu überwunden habe, meinen Ballon-Gutschein einzulösen. Jetzt freue ich mich, dass mich die Neugierde gepackt hat und ich mich überwunden habe. Und vor allen Dingen finde ich es gut, dass ich, trotz der Dunkelheit, heute nirgendwo mehr eine Glühbirne wechseln muss!

Aus dem Magazin ene – Energie der Eifel

Hier den Bericht mit Fotos downloaden! Ballonfahrt Bericht